Und wie viel Zeit bleibt fr Freunde und Familie?
Bill: Leider ganz wenig. Tom und ich wollen eventuell noch ein paar Tage an unseren Deutschland-Besuch anhngen, um auch mal die Familie zu besuchen. Manchmal schaut jemand bei Terminen zu. Aber wir mssen danach immer direkt wieder los und schaffen es nicht, noch gemeinsam essen zu gehen.
Tom: Vor den ersten Promo-Terminen waren wir aber auch schon in Hamburg und haben dort ein wenig die Tour vorbereitet.
Steht denn Magdeburg mit auf dem Plan?
Bill: Das wissen wir noch gar nicht. Ich denke, wir werden in Blcken das ganze nchste Jahr lang touren. ber den genauen Plan machen wir uns wahrscheinlich in den kommenden Wochen Gedanken.
Tom: Vielleicht geben wir einfach ein Geheimkonzert unter falschem Namen in der Factory!
Sie leben seit 2010 in Los Angeles. Was hat Magdeburg zu bieten, das es dort nicht gibt?
Tom: Pflaumen- und Rhabarberkuchen.
Bill: Genau. Unsere Oma macht immer schnen Pflaumenkuchen und friert ihn ein, bis wir zu Besuch kommen. Wir vermissen berhaupt deutsche Backwaren - Schwarzbrot und Brtchen, so was gibt`s in Amerika nicht.
Sehen Sie Magdeburg noch als Ihre Heimat an?
Bill: Nicht so richtig. Man muss bedenken, dass wir nie direkt in Magdeburg gewohnt haben, sondern in Loitsche. Und von dort sind wir schon mit 15 weggezogen. Fr uns ist Heimat dort, wo unsere Familie ist. Am Anfang ist sie ja auch mit nach L.A. gekommen. Und Tom und ich haben ohnehin immer Familie dabei, dadurch, dass wir Brder sind. Aber wir haben auf jeden Fall Erinnerungen an Magdeburg. Wenn man hier langfhrt, kommt mir heute alles viel kleiner vor - was vielleicht auch daran liegt, dass ich ein bisschen gewachsen bin.
Tom: Klar haben wir Erinnerungen, hier waren wir auf unseren ersten Partys.
Apropos Familie: Sie beide wohnen bis heute zusammen - Ihre Bindung scheint besonders stark zu sein.
Bill: Fr uns stellt sich gar nicht die Frage, ob wir mal auseinanderziehen. Wir fnden`s ganz schn, wenn wir eines Tages Huser htten, die mit einem Tunnel verbunden sind. Aber momentan wohnen wir noch in einem Haus.
Tom: Die Familienbindung ist aber bei allen von uns stark. Georg und Gustav sind eigentlich wegen ihrer Familien noch in Magdeburg.
Whrend die beiden in Magdeburg wohnten, ist in L.A. der Groteil des neuen Albums entstanden. Wie lief das praktisch ab?
Tom: Wir haben in L.A. produziert und sind zwischendurch nach Deutschland gekommen. Vieles macht man auch ber`s Internet, so sind teilweise ganze Aufnahmen entstanden. Da saen Produzenten in Deutschland, und dann hat man gemeinsame Sessions gemacht. Als Band haben wir viel in Hamburg aufgenommen.
Und keiner hat`s mitbekommen.
Bill: Nein, das haben wir ja nicht vorher angekndigt.
Sie sind in Deutschland sicher fter undercover unterwegs.
Bill: Wenn wir privat unterwegs sind, versuchen wir immer unerkannt zu bleiben.
Tom: Dann schreiben wir vorher auf Instagram: "Hallo Mexiko!" - und keiner wei, dass wir hier sind.
Auf dem Album findet sich kein deutsches Lied mehr. Ist das eine endgltige Entscheidung fr Ihre Musik?
Tom: Nein. Wir haben uns einfach bei diesem Album nicht danach gefhlt, die Texte zu bersetzen. Beim letzten haben wir das oft gemacht, sogar zu 90 Prozent von Englisch auf Deutsch. Es wurde damals irgendwie erwartet und wir fhlten uns ein bisschen verpflichtet. Dieses Album wollten wir so lassen, wie es entstanden ist. Wenn wir irgendwann mal wieder einen Song auf deutsch schreiben, dann bersetzen wir den auch nicht ins Englische.
Das neue Album klingt sehr elektronisch. Wie gro war die Angst, dass die Fans den neuen Sound nicht mgen?
Bill: Wenn man Fan einer Band ist, mchte man am liebsten, dass sie sich nie verndert. Aber wir wollten nicht irgendwelche Erwartungen erfllen. Ich glaube, man kann nur Erfolg haben, wenn man selbst zu 1000 Prozent das toll findet, was man macht. Dabei ist es normal, dass es auch Leute gibt, die das nicht so gut finden. Das ndert sich aber mittlerweile von Song zu Song. Ich finde, man darf sich da nicht so verrckt machen.
In den ersten beiden Videos zum Album und auf dem CD-Cover der Single "Love who loves you back" spielt Sex eine groe Rolle. Haben Sie bewusst Provokationen gebndelt?
Bill: Viele sagen, wir haben ein Sex-Paket gemacht. Das haben wir berhaupt nicht, denn man muss dazu sagen: Wir entscheiden immer in dem Moment, in dem wir etwas tun. Zwischen den beiden Videodrehs lagen ein paar Wochen. Die ffentlichkeit bekam dann ein Paket, und wir selbst haben gar nicht gemerkt, dass es so versext sein knnte.
Wobei das Video zu "Love who loves you back" schon sehr versext ist. Es zeigt Sie inmitten einer Knutsch-Orgie.
Bill: Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Ich wollte so etwas eigentlich schon zum letzten Album drehen, weil ich den Film "Das Parfum" so toll finde. Dort gibt es ja in der letzten Szene eine Orgie, als sich der Mrder das Parfum auftupft, das er kreiert hat. Ich wollte das mit Musik machen. Zu dem Song hat es perfekt gepasst.
Was inspiriert Sie noch?
Bill: Die Freiheit. Wir konnten in L.A. zum ersten Mal wieder richtig leben und uns von Menschen und der neuen Stadt inspirieren lassen. Zu dieser Zeit haben wir auch wieder angefangen zu schreiben. Vorher haben wir so viel Zeit in Hallen verbracht, dass ich berhaupt nicht mehr wusste, worber wir schreiben sollten. Die Luft war einfach raus.
Tom: Inspirierend war auch die Zeit, die wir auerhalb von L.A. hatten. Wir sind gereist und waren viel auf Festivals. Der eigene Musikgeschmack hat sich verndert.
In Deutschland hatten Sie damals sogar Angst - zum Beispiel, weil man in Ihre Hamburger Villa eingebrochen war. Ist es noch beklemmend, wenn man zurck nach Deutschland kommt?
Bill: Deutschland fhlt sich immer sehr viel intimer an. In L.A. sind so viele Menschen, da kann man super untertauchen. Als ich letzte Woche in Deutschland aus dem Flieger gestiegen bin, musste ich Hundefutter kaufen. Im Laden war ich der Einzige, es kam sofort eine Mitarbeiterin und wollte mir helfen. Wenn du in L.A. mal Hilfe brauchst, musst du erstmal eine Stunde lang jemanden suchen.
Tom: Man kann auch Deutsch reden, ohne dass einen jemand versteht.
Bill: Genau. Und dort sind viele Freaks unterwegs, da fllt man gar nicht auf.
Dann ist es momentan keine Option fr Sie, wieder zurckzuziehen.
Bill: Fr uns ist es einfach super entspannt in L.A. Ich wrde das nicht wieder eintauschen wollen. Wenn wir in Deutschland viel unterwegs sind, funktioniert das ganz gut. Aber wenn man zu lange an einem Ort ist, dann sammeln sich viele Leute an. Und dann ist es nicht mehr so einfach. Darum hat das mit dem Leben hier nicht so gut geklappt.
Aber auf Besuch fhlen Sie sich wohl.
Bill: Das ist schn, wir sind gern in Deutschland. Wenn wir hier leben knnten, dann wre ich auch gar nicht weggegangen. Ich find`s schon fast peinlich, zu sagen, man wohnt in L.A., weil alle dieses Image von der Stadt haben. Damit haben wir berhaupt nichts zu tun. Wir sind dorthin gezogen, um uns zu verstecken. Wir sind nicht auf die Partys und die roten Teppiche gegangen und wollten irgendein Glamour-Leben fhren. Es ist auch nur L.A. geworden, weil wir dort schon Leute kannten.
[volksstimme.de]