Knntet ihr eigentlich von eurem damaligen Erfolg leben? Httet ihr euch zur Ruhe setzen knnen?
Bill: Kommt darauf an, wie man weiterleben mchte. Wie die Ansprche sind. Habe ich ehrlich gesagt aber nicht so drber nachgedacht.
Tom: Ein einigermaen normales Leben htten wir nach "Monsun" schon bis ans Ende unserer Tage fhren knnen. Das war aber nie Thema, weil wir das meiste Geld in unsere Karriere investiert haben. Seit wir 15 sind, haben wir Leute, die fr uns arbeiten, Firmen...
Was fr Firmen?
Tom:Band-Firmen. Die Band ist unsere groe Liebe und das wovon wir leben. Wir investieren unglaublich viel in Bhnenproduktionen und Videos. Das haben wir von Anfang an gemacht. Das war uns immer wichtig. Wir haben nie darauf geachtet, grtmglichen Profit zu machen. Auf Tour haben uns viele Partner immer wieder gefragt, warum wir so viel in die Bhnenshow stecken.
Hat euch die Bhne gefehlt?
Gustav: Ja.
Bill: Auf jeden Fall! Total! Wir waren auf mehreren Konzerten in den USA und haben andere Bands gesehen. Da habe ich schon immer gedacht: Ah, ich will auch.
Gustav: Das gab's schon eine kleine Trne.
Bill: Natrlich ist es schn, auch mal auf der anderen Seite zu sein und total entspannen zu knnen. Und ich glaube, man kann auch ganz gut was lernen, wenn man sieht, was andere Bands fr Scheie auf der Bhne machen. Wenn man die ganze Zeit nur da oben steht, wei man manchmal eben nicht, wie es beim Publikum ankommt. Ich habe es genossen, zum Coachella-Festival zu gehen und nicht gleich auftreten zu mssen. In dem Zustand, in dem ich dann manchmal war, wre das auch gar nicht gegangen. (lacht)
Tom: Wir sind auch immer so Mrder-aufgeregt.
Wie, nach all den Jahren?
Bill: Oh ja. Wenn wir auf Tour sind, bin ich der aufgeregteste Mensch der Welt. Ich bin so aufgeregt, dass ich frchte, irgendwann fall' ich mal um. Ich habe das Gefhl, ich werde eine andere Person. Ich bin dann auch nicht ansprechbar, weil ich so hochkonzentriert bin.
Georg: Wir steigern uns da auch immer gegenseitig rein.
Bill: Wir haben immer eineinhalb Stunden vor jeder Show Off-Time. Keine Interviews, keine Fotos, gar nichts. Weil wir so aufgeregt sind.
Gustav: Und alle drei sind so aufgeregt, dass ich meinen eigenen Raum habe. Die steigern sich wirklich rein wie die Bekloppten. Das ist schon nervig.
Bill: Du bist aber auch aufgeregt.
Gustav: Ich bin aufgeregt, aber ich lege mich dann lieber noch mal 20 Minuten hin.
Bill: Aber so wie ich auf der Bhne stehe, ist es in Ordnung. Das Schlimme ist das davor. Und das wird auch nicht besser.
War der 3. Oktober als Release eigentlich Absicht? Von wegen Wiedervereinigung?
Bill: Nee, mir ist das ehrlich gesagt erst aufgefallen, als es jemand gesagt hat.
Tom: Sind da eigentlich die Lden offen, dass die Leute sich die CD kaufen knnen?
Georg: Nee, das ist es ja.
Tom: Wir haben Release-Tag und keiner kann das Album kaufen?
Aber downloaden geht. Wie hart ist es zurckzukommen? Georg, Gustav, ihr habt in der Zwischenzeit ein weniger wildes Leben gefhrt. Da ist es ja auch eine Entscheidung: Zurck zum Wahnsinn?
Georg: Ehrlich gesagt hat sich die Frage nie gestellt. Es war immer klar, dass wir wieder was zusammen machen und dass wir alle vier wieder unterwegs sein werden.
Tom: Wir wollten nur eine Zeitlang mal keine Platte machen. Das war ja keine Bandauflsung.
Georg: Ich habe da nicht eine Sekunde drber nachgedacht. Was machste jetzt, studierst du jetzt BWL?
(Lautes Lachen)
Bill: Fr alle anderen fhlt es sich ja auch lnger an. Wir waren 2011 noch auf Tour, dann haben wir ein Jahr nichts gemacht, und dann wollten wir eigentlich 2013 das nchste Album rausbringen. Aber im letzten Moment haben wir Stopp gesagt, weil es gerade so gut lief im Studio. Die vier Jahre waren so nicht geplant. Wir haben nie gesagt, wir machen jetzt eine Pause. Wir wussten nur nicht, wann und wie es weitergeht.
Wann hast du dir eigentlich die Hand ttowiert?
Bill: Kurz nachdem ich nach L.A. gezogen bin.
Gustav: Das ist schon wieder alt.
Und warum sowas Morbides? (Es ist das Handskelett)
Tom: Mut zur Hsslichkeit.
Bill: Ich fand das schn. Ich wollte meine ganze Hand ttowieren, und in L.A. habe ich einen Ttowierer gefunden, den ich sehr mag. Der hat auch die ganzen anderen gemacht.
Ihr wurdet vorhin auf der Pressekonferenz als Vertreter der Generation Selfie etikettiert. Knnt ihr damit was anfangen?
Tom: Mittlerweile ja. Am Anfang wollten wir noch Autogrammkarten drucken lassen. Dann wurde uns klar, dass es keinen Sinn mehr macht, weil die Leute eh nur noch Selfies haben wollen. Autogramme sind vorbei. Wir stammen aus der klassischen Autogrammzeit.
Bill: Ja, manchmal kommen wir uns ein bisschen old school vor. Als wir angefangen haben, gab es kein Facebook, kein Twitter, kein Instagram! Vor zehn Jahren, zu unserem Album "Schrei" standen alle mit dem Album da und wollten eine Unterschrift. Heute will keine Sau mehr ein Autogramm! Es passiert sogar, dass Leute ein Foto wollen und ich sage "Geht gerade nicht so, aber ich kann dir was unterschreiben", und dann sagen die "Ne Unterschrift brauch ich nicht". Wir hatten ganz lange kein Social Media, kein Facebook, kein Twitter. Wir haben damit jetzt erst angefangen. Es hat sich alles verndert.
Tom: Aber ich finde Vernderung gut, und es hat auch positive Seiten. Wir haben gerade erst festgestellt, dass Knstler jetzt ihr eigenes Medium haben und Sachen ganz anders kontrollieren knnen. Wir knnen jetzt was rausschicken, wenn wir es rausschicken wollen.
Bill: Wir haben seit gestern unseren Tokio-Hotel-Instagram-Kanal.
Eure Videos sind sehr kontrovers aufgenommen worden. Warum strubt ihr euch gegen die Zuschreibung "provokativ"?
Bill: Ich verstehe die Entrstung ber "Girl got a Gun" berhaupt nicht!
Tom: Damit habe ich nicht gerechnet. Ich dachte, die finden es untypisch.
Lustig finde ich es. Bill: Genau! Viele Leute haben es zu ernst genommen. Gott, wo gehen denn die ganzen Diskussionen hin?! Das Kuscheltier war fr uns ein cooler Gag. Aber es ist doch kein groes Ding, dass es einen Penis hat.
Habt ihr das in der Band diskutiert? Fandst du das weniger lustig, Georg?
Georg: Wir fanden es alle gleich lustig. Uns ging es um den coolen Regisseur.
Bill: Wir haben die Videos und Cover ja auch in grerem Zeitabstand gesehen. Wir haben die einzeln entschieden. Es ist ja nicht als Paket geplant. Man muss die Dinge einzeln betrachten.
Tom: Das Cover fr "Love who loves you back" war meine Idee. Ich hab das im Internet gefunden und mich totgelacht. Ich fand es perfekt.
Aber es ist doch zynisch. Tom: Fr mich hat das Tiefe. Guck mal, ich zum Beispiel habe jahrelang meine Liebe nur im Internetporno gefunden. Mit der Maus. Wie auf dem Bild.
Bill: Es gibt ganz viele Leute, die ihre Liebe im Internet finden. Genauso viele haben sich schon mal nen Porno im Netz angeguckt. Wir fanden, das passt.
Tom, das ist aber berhaupt nicht lustig. Das ist traurig.
Tom: Das Cover fanden wir aber witzig.
Bill: Es hat eben auch eine Bedeutung. Wir entscheiden ber die Cover und Videos immer in dem Moment, wo wir die Songs aufnehmen. Dann haben wir die Idee dazu. Wir wollten den Leuten kein Sex-Paket berreichen. Das ist das was draus gemacht wir, aber wenn man genauer hinschaut, steckt mehr dahinter.
(Bill haut aus Versehen mit seinem Monsterschuh gegen den Tisch)
Bill, eine Frage von Frau zu... Tom: Frau (lacht)
Tun diese Schuhe eigentlich nicht weh?
Bill: Oh ja, die hier sind extrem unbequem. Ich bin vorhin fast hingeflogen beim Rausgehen, weil da so viele Leute waren und Pumbaa gezogen hat. Ich habe sie vorhin auch ausgezogen.
Aber warum tust du dir das an?
Bill: Weil sie extrem gut aussehen. Da muss man dann manchmal durch. Ich hatte immer schon eine Vorliebe fr auergewhnliche Schuhe. Meine Schuhtasche ist grer als mein Koffer.
Tom: Du hast nicht nur eine Vorliebe fr auergewhnliche Schuhe.
Zurck zum Sex und "Love who loves you back". Grundstzlich finde ich das Motto "Liebe, wen du willst, Aussehen, Alter und Orientierung sind egal" super. Aber ist Liebe nicht mehr als Sex? Womit wir wieder beim Internetporno wren.
Tom: Groe, tolle Liebe fngt oft mit Sex an.
Bill: Genau.
Gustav: Man will ja auch nicht die Katze im Sack kaufen.
Georg: Das ist ein wichtiger Teil von Liebe. Es kann keine gute Liebe geben ohne guten Sex.
Tom: Wir sind noch in der Phase, in wir ein aktives Sexleben haben.
Gustav: Und spter hat man dann wieder das Internet.
Wart ihr eigentlich enttuscht, dass die Fans bei der PK so ruhig waren?
Bill: Da habe ich noch gar nicht drber nachgedacht. Ist mir aber nicht negativ aufgefallen. Ich glaube, bei Konzerten wird es auch wieder lauter. Heute war ja die Presse dabei. Die haben sich ein bisschen zurckgehalten. Es fhlte sich aber gut an. Die Tickets wurden exklusiv nur an wenige Fans verlost.
Ihr httet ja auch erleichtert sein knnen.
Tom: Dass das Geschrei nicht so gro ist... Es gibt kaum ein energiegeladeneres Publikum als das, was wir hatten. Auf keinen Fall will ich, dass die Leute nur noch applaudieren und nicht mehr schreien. Fr einen Knstler auf der Bhne gibt es kein schneres Gefhl, als wenn die Leute durchdrehen. Privat ist das etwas anderes.
Bleibt L.A. euer Lebensmittelpunkt?
Bill: Ja. Obwohl ich auch unbedingt noch nach New York will. Ich mag die Stadt total. L.A. ist ein bisschen langweilig. Ich habe so einen groen Hunger nach Leben und Abenteuer. Ich denke immer, ich verpasse so viel.
Was ist denn Leben?
Bill: Wei ich nicht. Aber bei mir fngt es schon damit an, dass ich am Wochenende, wenn ich frei habe, nicht entspannt zu Hause sitzen und einen Film gucken kann. Ich will immer raus und mich unter Leute mischen. Ich mag es, wenn viele Menschen um mich sind. Wir haben auch immer Besuch zuhause. Ich mag ein volles Haus.
Tom: Wir bleiben erst mal in Amerika. Das ist fr uns am entspanntesten.
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